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Quelle: Luke Hodde on unsplash.com

Lasst’ uns darüber nachdenken, wie wir über Stress sprechen…

Heute möchte ich euch, als vorweihnachtlichen Impuls, eine kleine Geschichte erzählen. Die Geschichte von Lina. Es ist eine Geschichte über #Stress und #Gemeinschaft am Jahresende. Nach der kleinen Geschichte ordnen wir alles gemeinsam innerhalb der #Psychologie ein.

Lina und die Vorweihnachtszeit

Lina arbeitet in einer grossen Firma in der Administration. Sie macht ihre Arbeit eigentlich gerne. Was sie jedoch noch lieber macht ist mit ihren Freund:innen Zeit zu verbringen und zu kochen oder Filme schauen.

Grundsätzlich ist sie bei der Arbeit zufrieden, gegen Ende des Jahres wird die Arbeitslast jedoch so viel mehr, dass sie nicht mehr weiss, wo ihr der Kopf steht. Deshalb graut ihr jeweils schon im Sommer vor dem zweiten Halbjahr. Und jetzt, da sie einen neuen Chef hat, noch mehr. Dieser „weiss ja noch nichtmal wie der Hase hier läuft“, denkt sie sich häufig.

Es kommt also der November und der Jahresabschlussstress beginnt. Die Weihnachtskarten müssen erstellt werden, die Adressaten aktualisiert, der Jahresabschluss allgemein vorbereitet werden und dann ist natürlich noch der private Stress mit Geschenkbesorgungen für die Familie oder den zahlreichen Weihnachtsfeiern. Kurzum: Sie hat jetzt schon genug von Weihnachten und geht mit „Augen zu und durch“-Mentalität durch die Weihnachtszeit.

Der (neue) #Chef bemerkt, dass Lina sehr gestresst ist. Er fragt sie nach einem Gespräch in der Kaffeepause und erkundigt sich nach ihrem #Wohlbefinden. Lina ist überrascht, der frühere Chef hatte sich nie erkundigt, immer nur gefordert. Ihr Chef fragt sie sogar danach, welche #Unterstützung sie sich wünscht, bzw. wo er oder jemand anderes ihr etwas abnehmen könnte. Kurz denkt sich Lina: „Traut der mir das nicht zu, oder wieso fragt er mich das?“ Es gelingt ihr jedoch diesen Gedanken schnell beiseite zu schieben. Sie antwortet ihm: „Nein, schon in Ordnung, die letzten Jahre hat es ja auch immer geklappt. Ich schaffe das schon!“ Ihr Chef lässt jedoch nicht locker und sagt, dass ihre Kollegin die Aktualisierung der Adressaten der Weihnachtskarten übernehmen werde. Die Kollegin sei sowieso noch relativ neu, und es wäre sogar hilfreich, wenn sie sämtliche Kunden der Firma kennenlernt. Lina ist überrascht und willigt etwas widerwillig ein.

Die nächsten Wochen sind (zum Glück) relativ ereignislos. Lina hatte ein paar Horrorwochen erwartet. Bemerkte jedoch, dass ihr diese Geste ihres Vorgesetzten Raum gegeben hat. Raum für das Geniessen der #Weihnachtszeit. Dabei hat sie realistisch gesehen garnicht viel weniger Arbeit, sie hatte nur mehr gemeinsam mit ihrer Kollegin gearbeitet. Manchmal braucht es eben nicht sehr viel, um unsere Perspektive und Sichtweise zu ändern… An ihrem letzten Tag vor den Weihnachtsferien findet sie, wie alle in der Firma, einen kleinen Nikolaus auf ihrem Tisch. Sie findet nebenbei noch ein Briefchen mit der Aufschrift: Gemeinsam sind wir stark – Danke für Ihre wertvolle Arbeit. Ich hoffe so konnten Sie die Weihnachtszeit auch etwas geniessen!

Was aber hat das alles mit Psychologie und Stress zu tun?

Ganz einfach, manchmal bleiben wir in unseren Erwartungen stecken und sehen Dinge nur noch durch die negative „Brille“. Wir erlauben uns keine anderen Sichtweisen und schon garnicht erlauben wir es uns Hilfe in Anspruch zu nehmen. Oft wehren wir uns sogar, wenn wir die Chance auf Hilfe hätten.

Unser Körper bewertet die Umwelt konstant, wir teilen die Umwelt immer in „irrelevant“, „positiv“ und „gefährlich“ ein. Sobald etwas gefährlich ist, bewerten wir die Gefahr danach, ob wir genügend Ressourcen (z.B. Fähigkeiten oder Zeit) zur Verfügung haben oder nicht. Wenn nicht, wird das Stresssystem mit der Ausschüttung von u.a. Kortisol und Adrenalin aktiviert (Birbaumer & Schmidt, 2010) – mit all den bekannten Symptomen von Stress wie z.B. erhöhter Herzschlag, schwitzen oder Unruhe.

In unserem Beispiel hatte Lina bereits die Erfahrung gemacht, dass ihre Ressourcen nicht ausreichen, weshalb das Stresssystem aktiv war, bevor die eigentliche „Gefahr“ da war. Hier kommt der zweite Faktor in’s Spiel: unsere #Einstellung gegenüber Stress. 

Lina hatte den Stress immer negativ, schädlich und gefährlich wahrgenommen. Dass Stress auch eine (positive) #Herausforderung sein kann, hatte sie bisher nicht in Betracht gezogen. Dazu gibt es mehrere Studien und einen Ted-Talk von Prof. Kelly McGonigal (https://www.ted.com/talks/kelly_mcgonigal_how_to_make_stress_your_friend?language=de).

Lasst uns also gemeinsam darüber nachdenken, wie wir über Stress sprechen und wie wir ihn wahrnehmen… Vielleicht kannst auch du hier und da eine andere „Brille“ aufsetzen und deinen eigenen Stress anders betrachten? Vielleicht traust du es dir sogar zu, aktiv nach Hilfe zu fragen? Probier’ es aus und schau, was sich verändert!